Musik | Hörtest
Pascow – Jade
Wenn eine Band, die sonst für rotzig-angepissten Punkrock mit Tiefgang bekannt ist, als zweite Vorabsingle des neuen Albums eine Klavierballade veröffentlicht, verheißt das auf den ersten Blick nichts Gutes. Doch bei Pascow musste man ja schon immer mehrfach hinhören, um wirklich alles zu verstehen. Auch auf Jade muss die Punkerpolizei deswegen ziemlich schnell die Ausverkaufsvorwürfe fallen lassen.
Dabei beginnt Jade, das neue Album der Band nach fünf Jahren Abwesenheit, mit einem Klavierintro, das allerdings auf die falsche Fährte lockt. Das Quartett aus dem saarländischen Gimbweiler ist sich seinem bisherigen Stil nämlich insgesamt treu geblieben. Die Single Silberblick & Scherenhände hat es ja schon gezeigt: Es bleibt weiterhin hibbelig, angepisst und ziemlich direkt – größtenteils zumindest.
Ein paar Dinge haben sich im Vergleich zum Vorgängeralbum Diene der Party nämlich verändert: Am auffälligsten sind die Features weiblicher Künstlerinnen, welche die doch wenig melodische Stimme von Leadsänger Alex konterkarieren (Frau Wolf auf Silberblick & Scherenhände), sie ergänzen (Wick Bambix auf Schmutzigrot), oder einfach fröhlich mitrotzen, wie auf Unter Geiern, das Nadine Nevermore mit ihren energetischen Backingshouts unterstützt. Doch auch lyrisch gibt es bei Pascow Veränderungen.
Die Entwicklung, weg von den überaus kryptischen Texten, die man ohne eine detaillierte Kenntnis von Popkultur und Zeitgeist kaum entschlüsseln konnte, findet auf dem neuen Album ihren Höhepunkt, ohne dass Pascow stumpf und plakativ werden. Kriegerin beschreibt die moralisch fragwürdigen Geschäfte von Mineralwasserabfüllern in ohnehin schon trockenen Ländern(„ Let them eat cake / Let them drink coke“), Heute Jäger, morgen Taucher projiziert die Flüchtlingsrolle auf die Europäer, der Titeltrack Jade wendet sich gegen die schon erwähnte Punkerpolizei und auf Schmutzigrot schimmert sogar so etwas wie ein persönlicher Bezug durch.
Trotz der Veränderungen wird Jade noch immer von dem Sound zusammengehalten, der schon auf Diene der Party zu hören war. Der Klang ist düster, rau und trotzdem gehen die Songs samt Texten schnell ins Ohr, ohne wirklich poppig zu sein. Dazu legen Pascow wieder die Finger in Wunden, die sonst übersehen werden und zitieren sich weiterhin durch die Popkultur, nur nicht mehr ganz so intensiv. Im Direktvergleich der Alben hat Jade zwar marginal das Nachsehen, dafür schaffen es Pascow allerdings die alten Fans mitzunehmen, sich weiter zu entwickeln und nebenbei einen guten Einstieg in die eigene Diskografie zu schaffen.