Musik | Konzerte
Ekkstacy in Köln: Musikalische Leckerbissen in der Kantine
Foto: Travis Trautt
Wenn internationale Künstler*innen auf Tournee sind, ist die Konzert-Metropole Köln und vor allem der Stadtteil Mülheim eine der ersten Anlaufstationen. An einem lauen Herbstabend sollte es aber für mich in den tiefen Norden Kölns nach Nippes zur Neusser Landstraße gehen. Nach dem Durchqueren von verwunschenen Waldabzweigungen ging es an einem belebten Hotel vorbei, das auch in Stanley Kubricks „The Shining“ hätte stehen können. Wenig Zeit war vergangen, und es erschien ein Schild mit dem Namen „Die Kantine“, womit die Rückkehr zur Zivilisation eingeläutet wurde. Die Kantine teilt sich die Location mit dem „Yard“, wo ebenfalls Konzerte stattfinden. Für mich ging es aber in den großen Saal, um den kanadischen Singer-Songwriter Ekkstacy zu sehen.
Drinnen tummelten sich bereits 40 Minuten vor Beginn des Konzerts viele Menschen. Einige trugen Ekkstacy-Merchandise, aber auch die Vorband The Haunted Youth schien einige Fans angelockt zu haben. Bevor eben Genannte auftreten konnten, gab es noch eine weitere Vorband, Gans.
Ein explosiver Empfang:
Punkt 20:00 Uhr betraten zwei junge Engländer die Bühne. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht, was für ein Feuerwerk an Energie, die beiden zünden würden. Bei der Band handelt es sich um das englische Post-Punk-Duo Gans, das eine furiose 20-Minuten-Show hinlegte. Ohne Pause lieferten sie einen Song nach dem nächsten. Dabei wechselten sie sich gekonnt beim Gesang ab, der post-Punk-typisch zwischen sprach-gesanglichen und geschrienen Vokals wechselte. Zwischendurch gab es dann doch kleine Ansagen an das Publikum mit einem so dichten englischen Akzent, dass sie wahrscheinlich niemand im Publikum verstanden hat. Die Instrumente übersteuerten hier und da, trotzdem konnten die beiden die Menge gut anheizen, was beim letzten Song in dem ersten Moshpit des Abends kulminierte.
The Haunted Youth sorgt für eine losgelöste Grundstimmung.
Dann kam die bereits angekündigte zweite Vorband The Haunted Youth. Die belgische Indierock-Band hatte in den letzten drei Jahren durch Songs wie Teen Rebel und Into You für Aufmerksamkeit gesorgt.
Es wurde schnell deutlich, dass es von dem hoch-elektrisierenden Post-Punk Sound ein paar Gänge heruntergehen sollte. Die ersten zwei Songs plätscherten für mich auch eher ein wenig daher. Bei den letzten hatten sie mich dann aber doch im Boot und sorgten für eine top Stimmung. Nach einem kurzen Umbau sollte es dann mit dem Hauptact Ekkstacy losgehen.
Ekkstacy bringt die Kantine zum Beben
Das Licht wurde fast gänzlich gedimmt und lediglich die Menschen in den ersten Reihen verdeutlichten uns durch Pfiffe und Kreischen, dass Ekkstacys Band die Bühne betreten hatte. Ekkstacy der gebürtig Khyree Zienty heißt, hatte selbst einmal gesagt, dass er Live-Bands bevorzugt und das Konzept von DJs eher blöd findet. Seine Live-Band bestand an diesem Abend aus einer Schlagzeugerin, einem Bassisten und einem Gitarristen. Ekkstacy selbst ließ sich ein wenig Zeit mit dem Betreten der Bühne und kam dann durchaus effektiv bei flackerndem Licht hinausgestürmt.
Bei The Haunted Youth gab es keine Moshpits und alle waren ziemlich entspannt auf ihren Plätzen am Wippen. Als dann beim ersten Song von Ekkstacy die Gitarren los bretterten und direkt die ersten Menschen ineinander rannten, wurde deutlich, was für eine Energie die restliche Show haben würde. Seine Musik lässt sich nicht wirklich auf ein Genre herunterbrechen, es finden sich spannende Einflüsse aus Post-Punk, Shoegaze und Indie-Rock.
Nach dem ersten Song machte er eine Pause, um zu etablieren, dass Köln seine Lieblingsstadt ist und dass es eine Ehre sei, hier zu spielen. Diese Aussage ist wahrscheinlich seiner Liebe zum Touring zuzuordnen, die er in vielen Interviews genannt hatte. Es war für ihn immer eine schöne Abwechslung von den anstrengenden Prozessen des Entwickelns der Musik, in die losgelösten wilden Live-Shows überzugehen. In Köln hatte Ekkstacy schon ein paar Shows und die Leute hatten ihn hier wohl sehr imponiert.
Foto: Travis Trautt
Diese Energie lieferte die Crowd der Kantine auch durchgehend und war bereit für jeden Moshpit. Dann kündigte Ekkstacy den Song Chicago an, als die Gitarre eines Bandmitglieds erklang, fiel ihm jedoch auf, dass er sich in der Song-Vorstellung vertan hatte. Dieses Missverständnis löste er mit einem „sorry guys we are actually playing i wish you where pretty in the inside“, ergänzt durch ein sympathisch verpeiltes „I can’t believe we already fucked up two times“.
Das Publikum hatte das Ganze überhaupt nicht gestört, überall um mich herum sah ich wackelnde Köpfe und Menschen mit vollem Einsatz im mittigen Moshpits.
Dann kam tatsächlich Chicago und das Warten hatte sich sehr gelohnt. Nach Chicago spielte er seinen neuesten Song Mr Mole, der vor allem durch krachende Gitarren Breaks überzeugte. Der Song endete in pulsierenden Strobo Licht, wo Ekkstacy den Moment nutzte, um eine erneute Liebeserklärung an Köln auszusprechen.
Als Untermalung des Songs I cant find anyone wurde die Lichtmagie der Kantine ausgiebig genutzt. Er performte den Song unter einer pulsierenden Mischung aus weißen und gelben Lichtern, die ihn geschmeidig umringten. Diese visuell beeindruckende Performance schloss er mit einem „this ist the best fucking show ever“ ab.
Foto: Ian Kline
Nachdem mit den Bühnenlichtern ein schönes Schauspiel dargelegt worden war, entschied sich Ekkstacy aber auch noch dazu, das absolute Gegenteil zu präsentieren, indem er alle Bühnenlichter für den nächsten Song ausschalten ließ. Der Raum wurde nun von Handylichtern illuminiert und alle sangen I walk this earth just by myself mit voller Inbrunst.
Zum Schluss wurde dann mit „Shutting me Out“ noch ein persönlicher Favorit von mir gespielt, bei dem Ekkstacy ein leises „this was fun“ am Ende losließ. Die Band verschwand nach dem Song schnell von der Bühne, kam aber nach einer kleinen suspense Einlage und einigen Zugabe-Rufen wieder zurück.
Zum großen Abschluss splittete er noch einmal die Arena und alle, die wollten, rannten mit Vorsicht ineinander und tanzten ein letztes Mal für diesen Abend. Ich kann mich Ekkstacys Aussage mit der „best fucking show ever“ nicht ganz anschließen, aber es war wahrhaft ein sehr gelungenes und abwechslungsreiches Konzert.